Vor 820 Jahren starb Averroes

Averroes (* 1126 in Cordoba/E, † 10.12.1198 in Marrakesch/MA) – arabischer Philosoph u. Kommentator des Aristoteles

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / gemeinfrei (abgerufen 06.12.2017)

 

Den lateinischen Scholastikern galt Averroes als „der Kommentator“, dessen Schriften über „den Philosophen“ (Aristoteles) schon im 13. Jh. aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt waren.

Bei der Erstellung der Lebens-Chronik zu Karl Leisner[1] haben sich die Herausgeber an folgenden im Band I auf Seite 40 dargelegten Grundsatz gehalten:
Aber wo sollte jemand anfangen, wenn nicht bei sich selbst? Was nimmt ein Mensch eigentlich wahr, wenn er nicht subjektiv wahrnimmt? Nichts! Denn Wahrnehmung ist nun einmal eine unvermeidbar subjektive, das heißt an Standort, Perspektive und Eigenheiten des Wahrnehmenden gebundene Angelegenheit. Wie die Geschichte zeigt, kann auch das zum Vorwurf gerei­chen. Der arabi­sche Arzt und Philosoph Avicenna und der arabische Philo­soph Aver­roes, die das Abendland stark geprägt haben, waren Geg­ner. Aver­roes machte Avicenna den Vorwurf, er habe in fast allen Berei­chen geirrt, weil er, anstatt dem griechischen Philosophen Aristoteles zu folgen, sozusa­gen bei sich selbst begon­nen habe – „quia incepit quasi a se“.[2]
[1] Karl Leisner: Tagebücher und Briefe. Eine Lebens-Chronik, hg. v. Hans-Karl Seeger / Gabriele Latzel. Band I: 1928–1934; Band II: 1935–1939; Band III: 1940–1946; Band IV: Weitere Dokumente. Register; Band V: Glossar. – Kevelaer: Butzon & Bercker 2014
[2] Averroes: Commentarium magnum in Aristoteles de anima libros [Großer Kommentar zu Aristoteles’ Buch „Die Seele“], ed. S. Craw­ford, Cambridge/Massachusetts 1953: 470

Karl Leisner hat vermutlich im Studium im Zusammenhang mit Aristoteles von Aver­roes und Avicenna gehört.

Siehe Aktuelles vom 29. November 2017 – Karl Leisner und Aristoteles.

Averroes war der Meinung, der Glaube an die Auferstehung sei das die verschiedenen Religionen Verbindende, das ihnen trotz aller Unterschiede Gemeinsame. Die Hoffnung auf das Glück in der kommenden Welt vereint die Religionen. Wie soll eine Verständigung zwischen verschiedenen Traditionen erfolgen? Averroes gibt darauf eine schlichte, aber für seine Zeit unerhörte Antwort: ‚Jeder Gelehrte hat die Pflicht, die beste Religion seiner Zeit für sich zu wählen, auch dann, wenn ihm alle Religionen gleich wahr erscheinen, und er muß weiterhin glauben, daß auch die beste Religion einmal abgelöst wird durch eine noch bessere.’“[1]
[1] Friedrich Niewöhner: F.A.Z. vom 9. Dezember 1998, Nr. 286: N5

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Avi­cenna (* 980 in Afshāna bei Buchara/UZ, † 1037 in Hamadan/IR) – arabischer Arzt, Philo­soph, Physiker, Dichter, Jurist, Mathematiker, Astronom, Alchemist u. Musiktheoretiker

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / gemeinfrei (abgerufen 11.03.2018)

Avicenna philosophierte über den Anfang alles Existierenden und war der Ansicht, kein Wesen trage den Grund seiner Existenz in sich selbst oder sei allein durch sich selbst entstanden, sondern habe den Grund seiner Existenz in den Eltern, die ebenfalls Eltern hatten usw. „Wenn wir nun diese Kette unendlich fortsetzen würden, dann existierte keines der in dieser langen Kette angenommenen Wesen in Wirklichkeit. Denn die Existenz jedes mit dem nächsten verflochtenen Gliedes der Kette ist von der Existenz des vorhergegangenen Gliedes abhängig“, so argumentierte Avicenna.[1]
Es nicht möglich, in Bezug auf welches „Ding der Welt“ auch immer, zum Grund von dessen Existenz zu gelangen. Erst wenn wir ein Wesen finden, das durch sich selbst bestehen kann, „hat das Sein einen Anfang und schenkt im Laufe der Entwicklung jedem einzelnen Glied der Daseinskette sein Dasein“.[2]
[1]  s. „Die Gedanken des Ibn Sina“ (Avicenna)
[2]  s. Fußnote 1