Impuls von Hans-Karl Seeger
Sonntag 5. Oktober 2003
Lobe den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, wie groß bist du! Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet (Ps 104,1)
1932 machte Karl Leisner mit seinem Bruder Willi und einigen Kameraden eine Fahrradtour in die Schweiz. Wie bei allen Fahrten führte er Tagebuch.
Am 24. August notierte er:
„Wir kommen auf die weltberühmte Axenstraße. Zur rechten der [Vierwaldstätter] See. Tiefe Bläue. Berghäupter spiegeln sich in seiner klaren Flut. Wir staunen, schauen, die Augen können sich nicht satt trinken an dem Wunderbild der Natur. Der See ist heute etwas unruhig. Ein Dampfer zieht seine schnurgerade Bahn. Wolkenfetzen fegen um die hohen Bergspitzen. Hier und da blitzen die schneeigen Berghäupter durch. Es wird immer schöner. Wir träumen. – Morgen steigen wir auf ihre Höhen. An einem Berghang rasten wir, trinken aus klarem Bergbronn. Der Gotthardexpress donnert durch den Tunnel. –
Auf der andern Seite die kleine Axenstraße. […] Jetzt sind wir an dem Teil der Straße, wo sie sich durch die Felswand bohrt und Bogen den Blick auf See und Berge freilassen. Wir lehnen uns über die Straßenböschung – jäher Absturz der Felswand in das Seebecken. Man bebt im ersten Moment ein wenig zurück. – Kühn und trotzig und steil ist die Natur der Berge. Immer wieder neues Staunen – der Abschied vom Ende des Sees (Flüelen) fällt schwer. Eine fast andächtige Ergriffenheit packt unsere Herzen ob dieser Größe und Schöne der Gottesnatur. In solchen Augenblicken kann man kaum zweifeln daran, daß es einen lebendigen Gott gibt, der alles erschaffen, erhält und regiert. Stille kommt uns vor ehrfürchtigem Staunen. – Wir schweigen. Dann heißt’s: Aufgesessen! Der Rückweg muß angetreten werden. „Du, meine Seele, preise den Herrn! Gewaltig groß bist du, Herr, mein Gott, In Pracht und Hoheit gewandet. (Psalm 104,1).“