Karl Leisner und das Kloster Einsiedeln in der Schweiz

0001Maria Einsiedeln – südlich des Zürcher Sees auf einer Hoch­ebene (ca. 880 m ü. NN) gelegener meistbesuchter Wallfahrtsort des Landes im Kanton Schwyz – Verehrung des Gnadenbildes Maria Einsiedeln, einer Schwarzen Ma­donna, in der barocken Klosterkirche – Gründung durch den Rückzug des Benediktinermönches Meinrad von der Insel Reiche­nau als Einsiedler dorthin 835 – Ankunft wei­te­rer Einsied­ler – Zusammenführung zu einem Benedik­tiner­kloster 934 – Bestätigung der Stiftsgründung durch Otto I. 947 – Das Stift erhielt außer­dem die freie Abtwahl und Immunität. Das Kloster Einsiedeln war und ist eine bedeutende Station auf dem Jakobsweg.

In der TAGESPOST vom 9. April 2016 brachte Constantin Hoensbroech einen Bericht über das Kloster Einsiedeln unter der Überschrift „Gnadenort in den Alpen. Zu Besuch im ‚Heiligen Jahr der Barmherzigkeit’ im Schweizer Benediktinerkloster Einsiedeln“.

Link zur Tagespost

Was mögen Karl und Willi Leisner mit ihren Freunden Hermann Mies und Alfred Stecken sowie ihrem ehemaligen Religionslehrer Dr. Walter Vinnenberg von der Geschichte des Klosters erfahren haben, als sie 1932 in Einsiedeln waren?

Constantin Hoensbroech gibt einen ausführlichen Überblick über die Geschichte des Benediktinerklosters, die hervorragende Infrastruktur (Ländereien, Werkstätten, Schule und Internat), die wertvollen Schätze der Stiftsbibliothek und vor allem die spirituelle Ausstrahlung sowohl in früherer als auch in heutiger Zeit. Ungefähr eine Million Menschen – Touristen, Kunstinteressierte und Pilger – besuchen jedes Jahr die Wallfahrtsstätte. Hauptanziehungspunkt ist das Gnadenbild der berühmten „Schwarzen Madonna“. Unter deren besonderen Schutz stellten sich bereits im Mittelalter die Pilger zum Grab des hl. Jakobus auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Damals war Kloster Einsiedeln einer der Sammelpunkte und damit Ausgangspunkt für die Jakobspilger vor allem aus dem süddeutschen Raum und der Schweiz. Der derzeitige Abt Urban Federer (47) steht juristisch im Rang eines Bischofs und ist dadurch Mitglied der Schweizerischen Bischofskonferenz. Er begrüßt die Besucher mit den Worten: „In diesem Jahr sind wir in besonderer Weise eingeladen, Gott zu begegnen, und sind aufgerufen, auch selber barmherzig zu sein“.

Tagebucheinträge

Dienstag, 23. August 1932
Schon von wei­tem sahen wir das bergum­schlossene Städtchen liegen, das durch die maje­stätisch ba­rocke Anlage des Klosters beherrscht wird.

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– Nach der Brillen­flickerei in der Werk­statt des Optikers gehen wir auf Quartiersuche. Endlich finden wir die „Kol­pings­gaststätte“ – verflixt teuer ist das kleine Essen. Dann wird um ein billiges Nachtquartier geschachert … Frischen Herzens geht’s in den Abend. Wir erle­ben eine französische Pilgerprozession – ste­hen oben auf der Rampe der Treppe und sehen die tausend Lichterlein glänzen. Herzen und Ge­sichter der Pilger leuchten mit hinein. Ein Singen und Bitten hebt an aus tausend bedrängten Menschenseelen. So voll Innig­keit, Kindlichkeit und Schwung. Wir fragen (Walter als unser „guide en français“ [Französisch­führer]) eine Dame, woher sie kä­men. Aus Lille. Französische Industrie­pil­ger. Immer wie­der hallt es auf zum sternbe­säten Firmament, in die weite Stille der Nacht hinein: Avé, avé, avé Maria, avé, avé, avé Maria.[1] Der Gruß des Engels an die rein­ste Jungfrau – da­mals gesprochen in der Stille des einsa­men Käm­mer­leins [vgl. Lk 1,28] – jetzt dringt er hinaus als Preis- und Flehruf aus tiefstem Leid und stillster Herzensfreude in heili­ger Nacht­stille über die Sterne zum Throne der Gottbegnadeten, der Mutter Christi, der Heiligen Frau, der ver­klärten Magd des Herrn. – O Innigkeit des flehen­den, singenden Be­tens. Stille ernste Ge­sichter von Müt­tern. Eckige, ver­grämte, harte Män­nerantlitze, jetzt über­strömt sie ein Leuchten erfüllter Sehnsucht, ein wunder­volles Gefühl der Geborgenheit. – Sie sind daheim – bei der Mutter. Es ist, als schauten alle das liebliche, leidgeläu­terte, liebe­spendende Antlitz der himmlischen Frau. Sie – unsere milde Kö­nigin. Salve re­gina.
Das singt und klingt in die stille, sternhelle Nacht. – Die Lichter verlöschen, die Menschen gehn auseinander. Wir stehn allein auf dem Klo­sterplatz. Willi mault etwas laut. Walter sagt: Wir Deutschen fielen leicht deshalb im Aus­land auf. Es geht ins Hotel [in die Kol­ping­gaststätte].

[1] Refrain des Lourdesliedes
In Lourdes werden in den einzelnen Strophen die Ereignisse der Erscheinung besungen, in der Schweiz verschiedene nationale Begebenheiten.
1.  Die Glocken verkünden durchs Schweizerland hin
das Lob unsrer Mutter. Zu Ihr laßt uns fliehn.
2.  In ernstschwerer Stunde wir nahen uns Dir.
Erhör’ unser Bitten, Du himm­lische Zier.
3.  Gedenk’ all’ der Männer und Frauen der Schweiz,
die droben bei Dir wur­den selig bereits.
4.  Vereinigt mit ihnen, wir rufen Dich an:
Beschütz uns, o Herrin, vor Lüge und Wahn.
5.  Gedenk’ all’ der Kirchen auf Schweizer Alphöhn.
Zum Lob Deines Namens errichtet sie stehn.
6.  Vom Rhein bis zum Gotthard soll leuchten Dein Bild
zum Schrecken der Feinde, der Heimat zum Schild!
7.  Zu Gott lenke mächtig hinauf unsre Spur,
damit wir Ihm halten der Väter Treuschwur!
8.  O Jungfrau „Maria vom finsteren Wald“,
halt ab von der Schweiz der Tyrannen Gewalt!
9.  Errette uns, Herrin, aus Kriegsnot und Pein!
Wir flehen zu Dir, o „Maria im Stein“!
10.   Für alle Verehrer in Zürich und Bern,
die treu Dir geblieben, wir grüßen Dich gern.
(URL http://www.immaculata.ch/archiv/homola1.htm – 28.4.2011)

Prospektfoto:

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Einsiedeln: Das Kloster

Einsiedeln, Mittwoch, 24. August 1932
Frisch raus! Schade, es ist ein diesiger Tag. – 6.00 Uhr Beten in der herr­lichen barocken Wallfahrtskirche. Heilige Messe c. Com. [cum communione (lat.) = mit Kommunionempfang] – Nachher beten wir noch am Gnadenbild der „schwarzen Mut­tergottes“[1].

[1] Die Einsiedler Madonna gehört zur Reihe der berühm­ten schwarzen Madonnen Europas. Schwarz geworden ist sie im Laufe der Jahrhunderte durch den Ruß von Kerzen, Öllampen und Weihrauch. Bei einer Restaurierung 1802 wurde sie gesäubert. Doch die Menschen äußerten sich enttäuscht: „Das ist nicht unsere Madonna – unsere ist schwarz!“ Daher übermalte man Gesicht und Hände mit schwarzer Farbe.
Als Schwarze Madonna wird in der religiösen Kunst und Marienverehrung das Bild oder die Statue einer Madonna bezeichnet, deren Gesicht schwarz ist. Dies läßt sich entweder auf eine schwarze Bemalung oder auf die Verwendung von schwar­zem Holz oder Stein zu­rückführen. Solche Gnadenbilder gibt es z. B. in Einsiedeln/CH, Tschenstochau/ Częstochowa/PL, Chartres/F, Le Puy/F, Montserrat/E, Guade­loupe/E und anderen Orten. Das Nachdunkeln des Materials durch das Abbrennen zahlloser Kerzen wird gelegentlich im Hin­blick auf den dunklen Aspekt einer vorchristlichen Muttergott­heit gedeutet.

Ansichtskarte:

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Einsiedeln
Das Gnadenbild der „Schwarzen Muttergottes“ in Einsiedeln, an dem wir morgens beteten.

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Ansichtskarte (Einsiedeln und die Mythen[5]) der Gruppe aus Einsiedeln am 24. August 1932 an Fa­milie Wilhelm Leisner in Kleve:
Liebe Eltern und Geschwister!
Wir sind heute morgen in Einsiedeln, wo wir die Muttergottes besucht haben. Heute ist das Wetter unklar, so daß wir wahrscheinlich morgen erst den Rigi besteigen. Wir kommen jetzt erst richtig in die „höheren Berg­regionen“. Gestern waren wir am Zürcher See. Die Gegend des Sees mit seinen Bergen ist wunderbar. Mit vielen Grüßen an alle
Euer Willi
Ebenfalls Karl
Walter Vinnenberg. Hermann. Alfred Stecken

Das Bergmassiv der Mythen besteht aus 3 Gipfeln, den 2 Spitzen des Kleinen Mythen und dem fast 1900 m hohen Gipfel des Großen Mythen. Sie sind das Wahrzeichen der Kantonshauptstadt Schwyz und beherrschen das Panorama des Schwyzer Talkessels.

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Siehe auch Aktuelles vom 25. Mai 2016.

Quelle der Fotos: Antonio Rama Laguna, Familie Achermann und IKLK Archiv