Karl Leisner und „seine“ Burgen

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Maarten Takens / CC BY-SA 2.0 (abgerufen 11.01.2018)

Schwanenburg in Kleve

Unter der Überschrift „Europäisches Burgen-Institut : Experten schätzen Zahl der Burgen in Deutschland auf 25.000“ berichtete die RP vom 19. Januar 2018 über die zahlreichen Burgen in Deutschland.

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Burgen hatten in der Jugendbewegung eine besondere Anziehungskraft. Karl Leisner hat sehr viele kennengelernt. Maria Eilers schildert im „Hirschberg“, der Zeitschrift für den „Bund Neudeutschland (ND) – KMF (Gemeinschaft Katholischer Männer und Frauen) e.V.“ in der Ausgabe Nr. 4, April 2008, unter der Überschrift „Gedächtnisorte Burgen“ auf den Seiten 208ff. die Bedeutung der Burg für den ND. Dessen Mitglieder nannten sich damals „Knappen“ und „Ritter“.

Die Zeitschrift enthält weitere Artikel zum Thema Burgen und zahlreiche Fotos.

 

Schwanenburg in Kleve
Errichtung auf einem spornartigen Ausläufer des Nieder­rhei­nischen Höhenzuges, dem sog. Schloßberg, durch die Grafen von Kleve im 11. Jh. – neben der Stiftskirche Wahr­zei­chen von Kleve, der Stadt auf der Klippe – Namensgebung nach dem „Schwanenritter Elias“, dem sog. Stammvater der Klever Fürsten – Im 19. Jh. wurde dieser klevische Rit­ter mit Richard Wagners Opernheld Lohengrin gleichge­stellt. Der Sage nach soll er auf der Schwanenburg gelebt haben, bis Elsa ihr Versprechen („nie sollst Du mich befragen“) brach. Lohengrin kam in einem von einem Schwan gezogenen Nachen nach Kleve. Ein Schwan krönt heute noch die Spitze des höchsten Turmes auf dem Schloßberg. Der ehemalige Sitz der Klever Herzöge beherbergt heute das Land- und Amts­gericht.

Karl Leisners Heimatstadt war durch die Schwanenburg, in der sein Vater als Gerichtssekretär arbeitete, eine „Burgenstadt“.

Siehe Aktuelles vom 25. April 2017 – Karl Leisner und seine Heimatstadt Kleve.

In der Jugendbewegung waren Burgen ein besonderer Anziehungspunkt. Auf seinen Fahrten lernte Karl Leisner viele Burgen in Deutschland kennen.

DW Akademie vom 19. Januar 2018 – Geschätzte 25.000 Burgen in Deutschland

OVBonline vom19. Januar 2018 – 25.000 Burgen in Deutschland

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Karl Leisners Berührungspunkte und Begegnungen mit Burgen rührten vor allem daher, daß eine Burg der „Geburtsort“ der Jugendbewegung und der Jugendherbergen war.

Burg Altena
Wehrbau aus dem 12. Jh. – erste Jugend­herberge der Welt – Gründung durch den Volksschullehrer Richard Schirr­mann 1912 – als Weltjugendherbergsmuseum im Origi­nal­­zu­stand erhalten – Sitz der heutigen Jugend­her­berge weiterhin in Räumen der Burg

Eröffnung der ersten offiziellen Jugendherberge durch Umzug aus der Nette-Schule in Altena auf die Burg Altena 1912 – Gründung des interna­tionalen Jugendherbergsverbandes (IYHF – International Youth Hostel Federation) 1932 – Inzwi­schen gab es in Deutschland mehr als 2.000 Jugendherbergen mit über 4,5 Millionen Über­nachtungen. 1933 wurde der Reichsverband für deutsche Jugendherbergen der HJ unter­stellt und 1949 erfolgte die Neu­gründung des Hauptverbandes auf Burg Altena.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Dom2508 / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Altenwied
Burganlage in der Gemeinde Neustadt im nördlichen Westerwald über dem Tal der Wied – Sitz der Gräfin Kunigunde von Bilstein An­fang 12. Jh. – Besitz des Kölner Erzstiftes u. Amtssitz des Amtes Al­ten­­wied Mitte 13. Jh. – Verwüstung im Dreißigjährigen Krieg durch spa­nische Truppen 1633 – Heute befindet sich die Burg in Privateigentum. Die Anlage von ca. 60 m Länge und bis zu 26 m Breite dominiert ein 17 m hoher fünfeckiger Bergfried mit einer Grundfläche von 15 × 9,5 m.

Samstag, 7. Juni 1930, 1. Tag
Um 23.45 Uhr landeten wir in Linz. Die Jüngeren fuhren mit dem Auto um 0.30 Uhr ab Linz. (Auch unsre „Affen“ waren im Auto.) Wir „Älteren“, 14 an der Zahl, machten eine Nacht­­­­fahrt. – Unter Sing-Sang scho­ben wir durch Linz. Es war wundervoll, so durch den bergigen Wester­wald, der vom Mond beleuchtet wurde, zu wandern. Hier und da sah man ein Bau­ernhaus, wo oft trotz der späten Stunde noch Licht war. Wenn wir durch ein Dorf kamen, schlugen die Hunde an. Auch an einem Neubau ka­men wir vorbei. Gegen 2.15 Uhr kam das Auto von Wiedmühle zurück. Wir hielten an und nach eini­gem Handeln gelang es uns, für 7,00 [Reichs­mark] mitfahren zu dürfen. In ei­ner viertel Stunde waren wir an der Burg [Alten­wied]. Wir krieg­ten uns im Burghof liegendes Stroh und hauten uns in einer alten Bäckerei hin und pennten sofort. Mit einem Düsseldorfer rollte ich mich in meine Zeltbahn, und wir beide schliefen warm, während die andern nach ihren Aussagen ganz jämmerlich gefroren haben.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Wolkenkratzer / CC BY-SA 4.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Blankenheim
Bau der Blankenheimer Burg auf einem schmalen Bergrücken Anfang des 13. Jh. – Umgestaltung zum Hochschloß im 15./16. Jh. – Verkauf auf Abbruch um 1800 – Errich­tung eines Wohn­traktes auf den alten Tonnengewölben des mittel­alter­lichen Burg­kellers 1927 – Verwendung zu­nächst als Turner­heim, danach als Jugend­herberge – Schließung der Burg Sommer 1990 – Wieder­eröffnung der Jugendherberge Burg Blankenheim September 1996

Aus dem Bericht der Allgäufahrt von Wilhem Elshoff

Sonntag, 2. August 1936, 2. Tag
Nach einer viertel Stunde bequem­ten wir uns zur Weiter­fahrt. Der Regen löste die Sonne jetzt wie­der ab. Zu allem Überfluß be­kam Urban Peiffer auch noch Panne. Franz, Gerd und ich fuhren weiter zur Jugendher­berge in Blankenheim. Bevor wir diese aber erreichten, muß­ten wir eine saf­tige „Dreckkur“ mitmachen. Der Weg zur Herberge hin­auf war durch den Re­gen in eine einzige Schlammwüste verwandelt worden. Wir hatten unsere liebe Not, mit den Rädern da hin­auf­zukom­men. Wenn der eine aufstand, legte der andere sich sanft in den Morast. Endlich stand die Herberge, eine Art Burg [Burg Blankenheim], vor uns. Wir stellten die Rä­der unter und warteten auf unsere Kum­pel. Nach etwa zwei Stunden sa­hen wir ihre Fahrrad­lampen im Dunkel des Waldes aufblitzen. Die Zahl ihrer Pannen hatte sich auf drei erhöht. Mit ei­nem not­dürftigen Abendes­sen begnügten wir uns. Wir schliefen, wenn auch wegen Überfüllung auf Notlagern, recht gut.

Montag, 3. August 1936, 3. Tag
Um 7.00 Uhr weckte uns das Stimmengewirr in der Jugendherberge. Alles war schon auf den Beinen. Wir bestellten uns Kaffee und machten einige Brote klein. Gegen 8.30 Uhr saßen wir wieder im Sattel und be­wegten uns längs der Ahr auf Adenau zu.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Günter Seggebäing / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Gemen
ursprünglich Sitz der Edelherren zu Gemen – erste urkundliche Er­wähnung 1092 – Ausbau zur Ringburg durch Goswin von Gemen im 13. Jh. – Blütezeit unter Heinrich III. von Gemen durch Umge­staltung zur trutzigen Wasserburg 1370 – trotz Säkularisation des Fürstbistums Münster 1802 zunächst noch Behalt der Selbstän­dig­keit – Besitz des Fürsten Friedrich IV. zu Salm-Kyr­burg (1798-1859) – im Besitz Preußens durch Zuspruch im Wiener Kon­greß 1815 – Übernahme der Herrschaft durch den Reichs­freiherren Ignaz von Landsberg-Velen (1788-1863) 1822 – Die Burg ist weiterhin im Besitz die­ser Familie.
Auf Initiative des damaligen Bischofs von Münster Clemens August Graf von Galen wurde das Schloß 1946 an das Bistum Münster verpachtet und wird seitdem als Jugendbildungsstätte genutzt. Die sogenannte „Jugendburg Gemen“ ist weit über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus bekannt und mit über 200 Betten und mehr als 20 Seminarräumen eine der fünf größten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Betreut wird sie in Vertretung der Kirche durch den Kaplan des Schloßes. Neben vielen Kursen unterschiedlicher Träger finden dort vor allem „Tage religiöser Orientierung“ unter der Betreuung eines Pädagogik-Teams statt. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit an der Burg sind die musisch-kulturellen Angebote.

Der Burgmusikant
Cläre Fasbender und Bernhard Wormland gestalteten das „Liederbuch des Bun­des der Deutschen Katholischen Jugend“. Diözese Münster. Notenausgabe 1950, Dortmund 11950, 21952
Inhalt: In Ihm sei’s begon­nen, Wir bau­en eine Straße, An hellen Tagen, Wohlan die Zeit ist kom­men, Alleweil ein wenig lustig, Gar lieblich hat sich gesellet, Da sungen sie die liebe lange Nacht, Die Nacht ist kommen.

Dienstag, 29. März 1932, 1. Tag
Um 7.30 Uhr waren wir am andern Ufer [des Rheins] und nun ging’s los den alten be­kannten Weg: Anholt, Isselburg, Bocholt, Borken, Gemen. Dort rasteten wir.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Dirk Schmidt / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Han­stein
frühmittelalterliche Burgruine bei Bornhagen im Eichs­feld – Bau­beginn der heutigen Burg durch die Brüder Heinrich u. Lippold von Hanstein 1308 – teilweise Zerstörung durch schwedische Trup­pen im Dreißigjährigen Krieg – Die Wander­vögel entdeckten die romantische Burg 1906 für sich und machten sie zum Zentrum ihrer Bewegung. Alles, was mit der deut­schen Jugend­­geschichte seit 1890 zu tun hat, ist dort im „Archiv der deutschen Jugendbewegung“ zusam­men­getragen, geordnet und ausgestellt.

Samstag, 11. bis Sonntag, 12. Oktober 1913
Erster Freideutscher Jugendtag auf dem Hohen Meißner (s. Aktuelles vom 12. Oktober 2013 – Beginn der Jugendbewegung vor 100 Jahren)
Die Einleitungskundgebung fand im Saal und auf dem Hof von Burg Han­stein statt. Eine bedeutende Rede hielt Knud Ahlborn, Vorsitzender der Deut­schen Akademischen Freischar (DAF), am Feuer eines gewaltigen auf der Berg­kuppe entzündeten Holz­stoßes.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Norbert Kaiser / CC BY-SA 4.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Hohnstein in Sachsen
erste urkundliche Erwähnung 1353 – wechselvolle Geschichte als Ver­­waltungssitz, Gerichtsstand u. Gefängnis – Umwandlung der ursprünglichen Holzanlagen in Steinbauten im 17./18. Jh. – Ein­richtung einer mit ca. 1000 Schlafplätzen damals als schönste u. größte geltenden Jugendherberge – Umwandlung der Burg in ein Na­turfreundehaus, Jugendgästehaus u. Museum 1997

 

Hohnstei­ner
Kurzform für die Puppenbühne „Hohnsteiner Kasper“ – erste Aufführungen dieser Puppen­bühne auf Burg Hohnstein 1928

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Florian Prosch / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Professionell gab es das Kasperspiel überall auf der Welt, in Deutschland sind vor allem die Hohnstei­ner Pup­pen bekannt. Der Hohnsteiner Kasper hat das Kasperbild nachhaltig ge­prägt und sich im Laufe der Zeit zu dem traditionellen, klassischen Kasper des 20. Jh. ent­wickelt.
Neben dem Kasperspiel in der Jugendbewegung gab es auch das Beruf­spup­penspiel, z. B. die aus der Jugendbewe­gung hervorgegan­genen Hohnsteiner. Ihr Gründer Max Jacob (* 10.8.1888, † 7.12.1967) zog von der Jugend­burg Hartenstein, auf der er 1921 gemein­sam mit Freunden in der Ju­gendbewegung, der er als Wan­dervogel ange­hörte, begonnen hatte, Pup­pen­theater zu spielen, 1928 auf die Jugendburg Hohn­stein im Erzge­birge. Vier deutsche Bühnen, die 1937 auf der Pariser Weltausstellung auftraten, kehrten alle mit Me­daillen dekoriert zurück. Die Hohnsteiner hatten eine der beiden deutschen Goldme­daillen erhal­ten.

Die Fülle von Karl Leisners Aktivitäten mit dem Kaspertheater ist im „Rundbrief des IKLK Nr. 37 – Februar 1998: Karl Leisner und das Kaspertheater” zusammengetragen.

Siehe auch Aktuelles vom 20. Februar 2018 – Karl Leisner und seine Spiele (13).

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Frank Vincentz / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Isenburg
Burgruine bei Hattingen – erste urkundliche Erwähnung 1200 – Errichtung eines Freilichttheaters in den 1920er Jahren – Seit 1976 kümmert sich der „Verein zur Erhaltung der Isenburg e. V.“ um das geschützte Bodendenkmal (s. URL http://www.burg-isenberg.de/ Verein/index.html – 12.2.2013).

Kleve, Sonntag, 27. Juli 1930
Gestern kam Theo [Derksen] Bescheid sagen, daß Carl von Vogelsang, unser Bundesführer [des Katholischen Wandervogels], heute käme. – Um 15.30 Uhr trafen wir ihn im Heim [Mühle]. – Er erzählte uns, nachdem er unser neues Kasperle gesehen hatte, von den Vorgängen im Bund. (Die mit dem Neustädter Bundestag [im Juni 1930] unzufriedenen Essener hätten auf eigene Faust zur Burg Isenburg ein Jüngerentreffen einbe­rufen. Er wollte unsere Stel­lung dazu wissen. – Ablehnend! –

Kleve, Montag, 28. Juli 1930
Um 18.00 Uhr Zusammenkunft über Spielfahrt [11.8.–2.9.1930]. Ergebnis: Die Jüngeren gehen nicht mit, weil es nicht 1. wegen der Unkosten, 2. we­gen Lästigkeit, geht. – Als Ersatz sollen sie mit Theo [Derksen] oder Föns [van Thiel] zur Isenburg fahren. (Leider nicht geschehen!)

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Peter Weller / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Klopp
eines der Wahrzeichen von Bingen auf dem Kloppberg – erste ur­kund­liche Erwähnung 1282 – nach mehreren Zerstörungen u. Wie­der­aufbau seit 1897 im Besitz der Stadt Bingen – Seitdem befindet sich dort der Sitz des Ober­bürgermeisters, der Stadtver­waltung und des Heimatmuseums. Eine Jugendherberge gab es dort nie.

Karl Leisner aus Kleve am Sonntag, 2. März 1930 an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Nun, was denkt Ihr von der Herbstfahrt? – Ich meine, es wäre wohl besser, in diesem Jahre eine billi­gere Fahrt (zum Beispiel Bingen oder geht das nicht mehr auf der alten Burg [Klopp]?) zu machen und nächstes Jahr nach Frank­reich zu gondeln! – Viele Grüße auch von Eltern und Geschwistern und ein fri­sches Heil und Sieg von

Freitag, 18. März 1938
7.30 Uhr [getrampt nach] Kevelaer ab. 16.00 Uhr Bingen an. Burg Klopp. Rhein und Nahe in der Abenddämmerung! Frühling

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Peter Weller / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Maus
auch Peterseck, Burg Thurnberg od. Deuernburg genannt – Er­richtung im 14. Jh. im heutigen St. Goarshausen-Wellmich – kei­ner­lei Zerstörung, aber allmählicher Verfall zur Ruine – Wieder­auf­bau unter Beibehaltung der mittelalterlichen Er­schei­­nung um 1900 – Auf dem heutigen Adler- und Falken­hof finden von Früh­jahr bis Herbst Flugvor­führun­gen statt.

 

Montag, 15. August 1932, 2. Tag
In St. Goar haben wir Schlauch­panne. – Vorher sahen wir noch auf der andern Seite Burg Maus liegen. Auch die knipste Willi.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Wolkenkratzer / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Nideggen
Errichtung als Wohnsitz der Grafen von Jülich im 12. Jh. – kultu­relle Blütezeit im 13. u. 14. Jh. – nach Zer­störung im 16. Jh., Ver­fall u. Wiederaufbau um 1902 – Nut­zung als Hei­mat­museum u. Jugendherberge ab 1922 – erneute Zer­stö­rung im Zweiten Welt­krieg – nach Wiederaufbau in den 1950er Jahren Bur­gen­museum Nideggen

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Ju­gend­herberge im Bergfried der Burg Nideggen Juli 1922 – 22 Betten, teil­weise Etagenbetten – Tagungs­raum mit of­fe­nem Ka­min – Eröffnung einer neuen Ju­gend­her­berge, Rather Str. 27 1.9.1930 – neue Jugendherberge, Im Effels 10 Janu­ar 2011 – über 188 Betten, groß­zügi­ges Tagungs­raumangebot u. modernste komfortable Ausstattung

Auf der Fahrt nach Nideggen 1928 lernte Karl Leisner auch die dortige Burg kennen. Die Erinnerungen an diese Fahrt tauchen immer wieder in seinen Tagebüchern auf.

Die Vorbereitung auf diese Fahrt war sehr intensiv:

Führende Männer des Jungkreuzbundes besuchten die Jungkreuzbundgruppe St. Werner in Kleve und lenkten deren Blick über den eigenen Kreis hinaus. Dazu sollte auch die Teilnahme am Gautag des Jungkreuzbundes auf Burg Nideggen dienen, den Carl von Vogelsang in der Art ab­halten wollte, wie sich das Leben später in der Gruppe des „Katholischen Wandervogel“ (KWV) „jugendbewegt“ gestalten sollte. „Neue Lie­der“ waren die ersten Vorboten. Ein Artikel mit dem Titel „Frühling“ deutete den neuen Trend an.

Ohne Datum, vermutlich Samstag, 11. Februar 1928
36. [Bericht]
Carl von Vogelsang und Johannes Maier waren erschienen. Wir san­gen neue Lieder. Und es wurde der Gautag auf Nideggen besprochen.

Montag, 12. März 1928
44. [Bericht]
Besprochen: Fahrt nach Nideggen und über die gestrige Fahrt [zum Puhl].

Montag, 19. März 1928
46. [Bericht]
Besprochen: Gaubrief [des Jungkreuzbundes] (teilweise), Knappenprü­fung, Fahrt nach Nideggen. Wer hat eine Eifelkarte?

Montag, 26. März 1928
48. [Bericht]
Besprochen: Wer nimmt bestimmt an der Fahrt nach Nideggen teil?

Das Führen der Gruppenchronik gab Karl Leisner den Anstoß, auch selbst Tagebuch zu schreiben. Er begann damit am 22. Mai 1928 mit einem Nachtrag zur Fahrt nach Nideggen.

Kleve, Donnerstag, 5. April 1928, Gründonnerstag
Cleve, den 22. Mai 1928 (eingetragen)
Am Gründonnerstag, den 5. April, unternahm ich mit der Jungkreuzbund-Gruppe [St. Werner] Cleve, unter Führung von 1.) Herrn Dr. Vinnenberg, mit fol­gen­den Teilnehmern eine Osterfahrt in die Eifel: 2.)
Jan Ansems, 3.) Willi Drießen, 4.) Peter Drießen, 5.) Karl Meeter, 6.) Karl Tilders, 7.) Herm. [Hermann] Mies, 8.) Männe [Friedhelm Wilhelm] Hansen (kein Mitglied), 9.) Söhni (Jo­sef) Wimmer, 10.) mein Bru­der und ich.

 

 

Wir Clever in Nideggen
erste Reihe v. l.: 2. Carl von Vogelsang
zweite Reihe v. l.: 3. Karl Leisner, 5. Walter Vinnenberg

 

Samstag, 7. April 1928, Karsamstag
Un­ser Zug nach Nideggen[1] fuhr gegen 18.15 Uhr ab. Gegen 18.45 Uhr langten wir in Nideggen an. Dort suchten wir erst in der Nideggener Jugendher­berge Ob­dach. Diese war leider überfüllt und der Herbergsvater wies uns einen Rek­tor [Heinrich] Viethen an. Bei des­sen Bru­der konnten wir nach vielem Hin- und Herge­plänkel im Kuh­stall schla­fen. Dort kam abends (als wir schon in der Falle lagen) Herr Rektor Viethen her­ein und begrüßte uns. Nachts schlie­fen wir Ia prima und lecker warm. Es gab Klätschkäse …. klätsch klätsch und Nia­gara­anfälle[2].
[1] Die Strecke Monschau-Nideggen ist stillgelegt.
[2] Ausscheidungen der Kühe mit den entsprechenden Geräuschen

Nideggen, Sonntag, 8. April 1928, Ostersonntag
Ostermorgen (8.4.1928) wurde andere Wäsche angezogen, die Kleider ab­ge­bürstet und sich tüchtig gewaschen. Morgens 8.00 Uhr war gemein­schaft­liche Messe und gemeinschaftliche Kommunion der Westmark[-Jun­gen­schaft] in der Pfarrkirche [St. Johannes Baptist] zu Nideg­gen. Die Messe las Dr. [Walter] Vinnenberg (unser berühmter Führer). Nach der Messe gings, nach­dem wir die anderen Gruppen [des Jungkreuzbundes] aus Mön­chen­glad­bach, Dü­ren, Aachen usw. begrüßt hatten, gemeinsam singend zum Zeltla­ger auf der Rather Heide. Hier wurde Kakao getrunken und Butter­brote ge­gessen. Der Morgen verging durch Singen, Spielen und in der Heide lie­gen. Zum Mittag­essen gabs Linsensuppe (Ia prima). Wir wurden auch fotogra­fiert. Um 4 Uhr nachmittags war Knappenprüfung. (Vor­her war an die Vaganten die Gau­schnur verteilt worden.) Alle bestanden sie. Um 18.00 Uhr gings zur Andacht. Nach der Andacht wurde erst zu Abend „Risse­papp“ gegessen. Dann war Osterfeuer und Knappen­weihe.
Es wurden Lieder gesun­gen, Gedichte vorgetragen und von Carl von Vogel­sang einige Worte an die Knappen gerichtet. Gegen 11.00 Uhr nachts war die Knappen­weihe. Nachher wurde das Abendge­bet ver­richtet und wir mar­schierten mit den Ratingern [Jungkreuzbündlern] und Carl von Vogel­sang zu einer nahe dabei liegenden Scheune. (Ratten­scheune, weil Rat­ten drin waren.) Wir schliefen gegen 23.45 Uhr ein und pennten fein.

Nideggen, Montag, 9. April 1928, Ostermontag
Ostermontag morgens gings um 6.15 Uhr heraus (ich habe einen Turn­schuh verloren) und es wurde sich angezogen und gewaschen. (Schang [Jo­hannes] Kerst war Ostersonntag erst nachgekommen.) Um 7.00 Uhr war wieder Gemein­schaftsmesse mit gemein­schaftlicher heiliger Kommunion in der Pfarr­­­kirche [St. Johannes Baptist] zu Nideggen. Nachher wurde wieder Kakao getrunken und But­terbrote ge­gessen. Wieder von der Sonne verbren­nen las­sen und Wasser geholt. – Um 12.00 Uhr gab’s Graupen­suppe. – Um 14.00 Uhr war Schluß­feier, bei der Rektor Viethen eine Schlußan­spra­che hielt. Um 15.00 Uhr kochten wir Tee. Wir spielten Speer[werfen] und warfen mit dem Schlag­ball. – Dann gingen wir vom Zeltlager herunter zur Stadt. Hier gings zur Andacht, nachdem in der Jugendherberge alle Sachen abgela­den waren. Unser Führer Dr. Vin­nenberg fragte den Her­bergs­vater, ob er uns wohl einen tüchtigen Pudding kochen möchte. Die­ser willigte sofort ein. Nach der Andacht gingen wir mit Herrn Rektor Viethen durch Nideggen. Als wir uns von ihm verab­schiedet hatten, gingen wir zur Jugendherberge, wo der Pud­ding gegessen wurde. Am selben Abend wur­den noch Teller und [Horden-]Pott ge­spült, da wir am andern Mor­gen früh weg­fahren wollten. Gegen 20.00 Uhr gings ins Bett. Man schlief in der Ni­degge­ner Jugendherberge sehr fein.

Nideggen, Dienstag, 10. April 1928
Dienstagmorgen standen wir um 5.30 Uhr auf. Die Meßdiener Jan [An­sems] und Peter [Drie­ßen] noch etwas früher, da Dr. Vinnenberg um 5.30 Uhr schon Messe las. Als Dr. Vinnenberg u. d. M. [und die Meßdiener] von der Messe wie­derkamen, standen wir schon fix und fertig vor der Jugend­herberge. Nun marschierten wir zum Bahnhof. – Leider mußte Jan A. [Ansems] an der Kir­che [St. Johannes Baptist] feststellen, daß er die Decke der Jugendherberge mit­ eingepackt be­kommen hatte; und nun hieß es, flott einer wieder um. Ich lief im Tempo zur Jugend­herberge zurück, Decke hin­geworfen und wieder zurück den Burgberg her­unter. Dabei machte ich eine kleine Kletterpartie, (nämlich ich hielt mich an einem Baum fest, auf eine vorspringende Stelle stellte ich mich hin und sprang herunter). Die andern traf ich auf der Brücke und wir erreichten noch ganz gemütlich unsern um 6.45 Uhr abfahren­den Zug. Von Nideggen brachte dieser uns nach Düren, wo wir 20 Mi­nuten Aufenthalt hatten. In diesen 20 Minuten nahmen wir unsern ersten Imbiß ein. (Eine Tasse Kaffe und Grau­brot) Gegen 8.00 Uhr fuhr unser Zug über Horrem durch Tun­nels nach Köln Hauptbahnhof. Dort lang­ten wir gegen 9.00 Uhr an. Unser Ge­päck brachten wir bei der Bahn­hofs­mission unter. Nun gingen wir zum Dom, den wir be­sichtigten (auch innen). Alsdann bummelten wir langsam zur Ho­hen­zollern­brücke. Von dieser aus sahen wir die „Pressa [Internationale Presseausstellung]“ von wei­tem. Jetzt spa­zierten wir durch allerhand Straßen zum katholischen Gesel­lenhaus. Hier bekam man für 80 Pfennig ein feines Mittages­sen. Nach dem Essen mar­schierten wir zur Apostelkirche. Dieses ist wohl die schönste Kir­che, die Köln hat. – Herr­liche Mosaikbilder schmücken die Wände. Ja selbst derbe­res Mo­saik schmückt den Fußboden. Die Kirche ist unverfälschter romani­scher Stil. Nur zwei Barockfiguren befinden sich in ihr. Darauf schlenderten wir nach Tietz, wo wir ein Glas Citron tranken. Danach kauf­ten wir etwas für nach Hause mit­zubringen. (M. Br. u. [Mein Bruder und] ich) gingen zum Bahnhof zurück, holten unsere Sachen bei der Bahnhofsmis­sion und fuhren mit dem Zuge 14.30 Uhr Rich­tung Cleve ab. – Es wurde schin­ken­ge­kloppt. – In Krefeld Brötchen ge­kauft. – Keiner als wir kam bis Cleve in un­ser Abteil. Hier landeten wir 18.24 Uhr und wur­den am Bahnhof von un­serm Vater abgeholt. Zu Hause kamen wir frisch und froh an und mußten von der ganzen Fahrt erzählen.

Aus der Zeitschrift Johannisfeuer:
Westmarklager Ostern 1928

Die Westmark-Jungenschaft [des Jungkreuzbundes] hielt Ostern ihre Lagerwoche bei Nideggen in der Eifel. Von Gründonnerstag bis Ostermontag standen hier 200 Jun­gen in enger Lagergemeinschaft. Das Treffen stand unter der For­de­rung „Zucht und Freiheit“. An äußerem Geschehen brachte der Kar­frei­tag­abend religiöse Vertiefung, der Karsamstag einen Industrieabend der Ruhrlän­der. Ostersonntag fand die Knappenprüfung statt. 30 Jungen zeigten ihr Wissen um die Jugendbewegung, um unser Wollen, um Fahrt- und Lager­kunde. Hatte uns schon der Samstagnachmittag in ei­nem Sin­gen unter der Linde am Marktplatz des alten Städtchens [Nideggen] der Be­völkerung näher ge­bracht, so konnten wir noch tiefe Eindrücke vermit­teln unserem und der Stadt Volk durch das „Tellspiel“ auf der Burg, das Oster­sonntag in den Abendstunden durch die Düsseldorfer vorge­führt wurde. Die Nacht des ersten Ostertages erlebten wir am Feuer. Wir ge­dachten der Aufer­ste­hungsfreude und haben 30 Jungen in unsere Gemein­­schaft aufge­nommen. – Der Ostermontag brachte das Thing. Es wurden uns unsere Aufgaben um das Volk klar, wir sahen aber auch die Ver­pflichtung für uns selber, neue Wege zu gehen, – uns fern zu halten von allen Aus­wüchsen der Ju­gendbewegung; wir sahen die besondere Aufgabe unserer Gaue zur Grenzarbeit. – Das Lager gab uns viel Kraft mit ins Leben und festigte un­sere Entschlüsse. – An beiden Tagen fei­er­ten wir die Choral­messe, die un­ser Bruder Walter Vinnenberg las.[1]
[1] Johannisfeuer 1928: 180

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Dnkyvirtual / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Normannstein
im ritterzeitlichen Zustand erhaltene mittelalterliche Burgan­lage aus dem 11. Jh. in Treffurt/Thüringen – Nutzung durch den Bund Neudeutschland für Tagungen 1921–1933 – Grund­sa­nierung 1995–2006 – Heute befindet sich dort ein Museum mit u. a. der Ausstellung „Werraburgen über Werrafurten“.

 

Großneudeutscher Bund (GND)
nach der Trennung der älteren Neudeutschen vom ND während der Pfingsttagung 1923 auf Burg Nor­mannstein entstandener Bund – Vorläufer des späteren Älterenbundes im ND

Normannsteiner
Jugendbund – Gründung auf Burg Normannstein während der Pfingsttagung der Groß­neu­deutschen 1924

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Burg Raesfeld
erster urkundlich genannter Burgherr Rabodo von dem Berge zwischen 1166 u. 1173 – nach wechselvoller Geschichte Erwerb des Schlosses durch Freiherr von Landsberg-Velen 1822 – „Bundesburg“ des ND 1929 – Beschlagnahme durch die Nationalsozialisten 1937 – Pläne für eine Kreisschulungsburg der NSDAP 1938 – Belegung durch Truppenverbände der Deutschen Wehrmacht 1939/1940 – umfangreiche Restaurierungsarbeiten u. Beginn hand­werklicher Schulungen 1950/1951 – Fortbildungszentrum für handwerkliche Denk­mal­pflege 1982
Schloßkapelle:
erste urkundliche Erwähnung einer Burgkapelle 1454 – Abbruch der mittelalterlichen Burg­kapelle u. Baubeginn der barocken Schloßkapelle 1657 – Einweihung 1658/1659 – Heute ist die Schloßkapelle Teil der Gemeinde St. Martin in Raesfeld.

Fahrtenbericht von Ferdinand Falkenstein

Samstag, 16. August 1930
Um 11.30 Uhr erreich­ten wir Raes­feld, dort zu Kaplan [Theodor] Tombrink, 17.00 Uhr gings zur Stadt, dort für 30 Pfennig Streuselku­chen gegessen. Um 20.00 Uhr zur ND-Burg [Raesfeld], dort gabs Kartof­feln mit Boh­nen, danach Abend­ge­bet und Ge­sangstunde un­ter Lei­tung von Willi van Rem­men.

Sonntag, 17. August 1930
Um 7.00 Uhr Aufstehen, 8.15 Uhr Hochamt in der Schloßkapelle [in Raesfeld], danach Singen im Hof. 13.00 Uhr Mittagessen, Abschied von W. v. R. [Willi van Remmen]. Um 15.30 Uhr fand im Saale Grundmann [an der Straßenkreuzung Borke­ner/Dorstener und Weseler Straße] eine Kindervor­stellung statt. Ein­nahme RM 16,95. Um 20.00 Uhr gaben wir eine Er­wachse­nen­vor­stel­lung, Einnahme RM 44,75. Um 23.00 Uhr gingen wir zur Burg zum Übernachten.

Raesfeld, Montag, 18. August 1930
8.00 Uhr Aufstehen, nach dem Frühstück bekamen wir von Studienrat [Joseph] Ha­se­brink ein Lob für unsere gut aufge­führten Stücke. Nach­dem wir unsere Bühne abge­bro­chen hatten, ging es weiter nach Borken,

Pfingstfahrt

Samstag, 19. Mai 1934, Pfingstvigil
Theo D. [Derksen] und Paul S. [Schraven] fuhren eine andere Strecke an uns vorbei schon weiter nach Ma­rienthal und von dort nach Raes­feld, kehr­ten allerdings wieder nach Mari­enthal zurück.

Sonntag, 20. Mai 1934, Pfingstsonntag
Auf! Zunächst nach Raesfeld zur ND-Burg. Dort große Führertagung der Westmark.
Wir sehen sie schon von weitem dasitzen im großen Thing. P. [Fried­rich] Muckermann [SJ] spricht! – Wir treten in den Burghof des stolzen westfä­li­schen Wasserschlosses. Wir besichtigen die unteren Räume. Die Burg ist bis auf einige Räume wiederhergestellt und diese Tagung sollte gleichzeitig der Ein­weihung der Burg dienen. – Wir geistern in den alten Rittersälen herum. Dann lauschen wir gespannt dem Vortrag P. Friedrich Mucker­manns über die religiöse Lage der Zeit. Offen und in seiner geistreichen und doch tiefen Art spricht er zum Thing. Wohl 10 Minuten lauschen wir vom Fenster aus ge­spannt, bis ein Großmaul hereintritt mit „Heil Hitler“ und als wir weiter ge­spannt lauschen, uns anbrüllt „Na, woher kommt ihr denn, kennt ihr den deutschen Gruß nicht?“ – Dem höchstentrüsteten Männeken ant­worten unsere Jungens ganz unverblümt: „Aus Kleve“. – Ha, ha! Wir ziehen es vor, die Fenster zu räumen; es wird auch Zeit zum Weitergehn.

Samstag, 23. November 1935
Mit Jupp Köckemann gondele ich dann mit [Domvikar Fritz] Larsen und den a. [andern]. – Wir sollen mit nach Raesfeld fahren.
[…]
Los zu 13 (12 von der Führer­schaft und Fräulein Larsen) in zwei Autos. Gespräche mit dem Chauffeur (aus Gronau stammt er). Lustig-fröhlich-liebe Stimmung. – Burgbesichti­gung [in Raesfeld] bis zum Turm! Dann im Rittersaal bei Kerzenschein (Elektri­scher Neuanlagen-Mast) Frühstück [Nachmittagskaffee] mit fröhlicher Unter­haltung, Scherz und „Aufziehen“. Dann „Stunden am Kamin“ um den warmen Ofen. [Fräulein] Larsen, P. [Gustav] Grauvogel [SJ] und ein „for­sches“ münsterländisches Fräulein erzählen. Die andern hören und ab und zu gibt’s Neues. 19.15 Uhr weiter. Es war so lustig – fröhlich – sauber! Schade – Lieder von Treu und Lieb’ und Ernst und Scherz usw.

Samstag, 14. Dezember 1935
Rundbrief fort für [die Führerschulung in] Raesfeld

Mittwoch, 18. Dezember 1935
Mit Jupp K. [Köckemann] über [Führerschulung in] Raesfeld klar geworden. – Freudentage vollen frohen Lebens sollen sein. Opfer und Gebet mögen rechte Gesinnung schaf­fen.

Mittwoch, 1. Januar 1936
Gegen 8.00 Uhr in Raes­feld. Kalte Wäsche – tutto il corpore [corpo – der ganze Körper]! – in der „Scheune“. Frisches Zeug an, hei! – Um 9.15 Uhr kommen Sturm­schär­ler und unsere Jung­scharführer aus der Kirche [St. Martini]: Jupp [Köcke­mann] begrüßt, Willi, Maria, Klesch [Diözesanführer Clemens Schulz] und allemol [alle zu­sam­men]. Vorher noch am Feuer mit ‘nem Jungen aus [Gel­senkirchen-]Buer.
Eine feine Stunde mit frischen Liedern. Schluß. Parole für’s Jahr „Parate viam Domini!” [Bereitet dem Herrn den Weg! (Mk 1,3)] – Neue Kraft in Füh­rer- und Jungenschar! Führerschola! – Gerd Eickmans [? Hermann Eick­­mans] aus Goch da. Ein Emmericher – tipp-topp. Nur arg viel junge Kerls. Bis zum Essen mit Jupp [Köckemann] dann los. Ein feiner frischer Kerl, der Jupp! Er hat’s trotz allem Schief­gehn gut gemacht. (Alles kam zu spät oder gar nicht.)
Vor dem Mittag noch Rad geflickt mit Georg Schmitts und ‘nem Dinslakener Jungen Hilfe. – Nach dem Mittag Schlußappell. „Silberglänzende Trom­pete“. Das Lied gefällt mir.
In der übertriebenen betonten Jungenschaftsnachmacherei liegt ja ‘ne Ge­fahr, aber viel gesundes, kräftiges Jungentum ist in allem!

Kleve, Sonntag, 25. Juli 1937
Paula und Maria [Leisner] waren in Raesfeld. Fein!

Karl Leisner aus Dachau am Freitag, 26. März 1943 an seine Familie in Kleve:
Pa­kete: 1. […] 2. Röttger­mann, Raes­­feld

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: MiraculixHB / CC 0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Ranzow
Errichtung der späteren Burg Ranzow im alten Ortskern als Gut der Fami­lie durch Prinz Johann Moritz von Nas­sau-Siegen 1663 – Über­gang in den Besitz von Julius Ferdinand Graf von Ranzow (* 17.10.1745, † 16.1. 1795) durch Heirat 1766 – Namensgebung Burg Ranzow – nach wechsel­voller Geschichte heute Seniorenhaus Burg Ranzow, Kirchweg 1

Freitag, 24. Juni 1927, Johannes der Täufer
(Ganze Ortsgruppe [vom Jungkreuzbund]) Das Patronsfest auf Burg Ran­zow (mit dem Kreuz­bund). Gegen 15.15 Uhr zogen wir mit Sang und Klang an der Ecke Linden­allee-Hagsche Straße (an den decken Boom) ab. Als wir in Materborn (Burg Ran­zow) angekommen wa­ren, bekamen wir unsere Plätze angewiesen und dann ging das Futtern los. Es gab Kakao und Plätzchen. Als wir gerade mitten im Futtern waren, ka­men da die NDer an, die Dr. [Walter] Vinnenberg eingeladen hatte. Die futter­ten (das ist ja ganz natürlich), auch mit. Nach dem Futtern wurde gefuß­ballt. (Wobei sich leider wegen des schlech­ten Wetters der Fuß­ball wie [ein] Schwamm vollgesaugt hat.) Die NDer spielten auch selbstgemachte Theater­stückchen, die zum Schieflachen waren. Ferner wurde verlost (ohne Geld), wobei viele manch schöne Preis­chen gewan­nen. Nach der Verlosung wurde im Saal gesungen (die Fußball­kanonen aber fußball­ten). So verging schnell die Zeit, und endlich wurde zur Andacht gerufen (wo auch mehrere Kreuzbündler [in den Jungkreuzbund] aufgenommen wur­den. Sodann bega­ben wir uns zum Johan­nis­feuer, das nahe bei Ran­zow im freien Feld lag. Als es hell auflo­derte, sangen wir das Flam­men­lied „Flamme empor“, und es wurde von den Mäd­chen ein Reigen um den Maibaum gemacht. Ferner wurden von Jungen und Mädchen dazu pas­sende Gedichte aufgesagt. Zu­letzt, als das Feuer nicht mehr hoch auf­loderte, spiel­ten wir um das Feuer Kreis und sprangen darüber. Mit einem „Heil“ trennten wir uns dann und gin­gen gegen 22.30 Uhr nach Hause. So hatten wir mal wieder einen schö­nen Tag erlebt.

Dienstag, 27. August 1929
Heute gings wieder mit Papa, Maria, Fräulein Lieschen [Drove] und Lud­wig Koenig um 9.00 Uhr los. Es ging über Ranzow und bei Villa „Wald­frieden“ (Rogmann) in den Wald.

Sonntag, 26. Juni 1932
Gegen 22.00 Uhr begann unser Johannisfeuer, für das wir die Woche vorher or­dentlich Holz ge­schleppt [hatten]. Der Platz war wieder bei dem Bauern [in der Nähe von Burg Ranzow] dicht am Reichswald (Trepp­kesweg). – An Leuten waren da: Die Jungkreuzbundmädchen, die Sturmschar Mater­born, die „CP-ler“ und wir [vom Katholischen Wandervogel]. – Zunächst sang der [von Hermann Mies gegründete] Singekreis einige Lie­der. Dann zündeten wir den Holzstoß an, und Kaplan [Franz] Dahlkamp hielt uns eine zün­dende Feuer­rede. Er sprach über die Symbolik des Feuers, wie dieses äu­ßere Feuer Zei­chen innerer Glut (des Heiligen Geistes) sein soll, wie wir innerlich bren­nen sollen und das Feuer hineintragen sollen in die kalte, dunkle Welt. – Das hellodernde Flammenmeer war langsam abgeebbt. – Einige Lieder klingen noch in die stille, ruhigatmende Nacht. – Verklingen. – Wir Jungen springen durch die Flammen, allein und zu zweit und dritt. – Wir löschen die Glut. Tief und dunkel breitet sich der Nachthimmel über uns. Froh und hell im Herzen ziehen wir zu­rück in unsre Stadt, jeder in sein Haus.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / gemeinfrei (abgerufen 06.12.2017)

Burg Ravensberg
Ravensberg
Errichtung der Burg um 1080 – Stammsitz der Grafen von Ravensberg bis 1346 – mehrfacher Besitzerwechsel – Besitz der eigens zum Erhalt der Burg gegründeten Stiftung Burg Ravensberg 2003

Montag, 3. August 1931
Hierhin gehört das „Teutofahrtenbuch“! (2a)[1]
[1] Das Fahrtenbuch wurde von der Gestapo beschlagnahmt und nicht wiedergefun­den.

 

Auf den Seiten 80f. sind die Ausgaben und Einnahmen während der Teuto­fahrt eingetra­gen. Vermutlich verlief die Fahrt wie folgt[1]:
[1] In Klammern stehen die Bildunterschriften und Daten, die Walter Vinnenberg unter der Überschrift „August 1931, Lager an der Ems und Fahrt in den Teuto mit Jungens aus Cleve und von der Heimschule [in Maria Laach]“ in sein Fotoalbum eingetragen hat.

Telgte [Flottenfahrt 5.8.31] – Glandorf – Bad Iburg – Borgholz­hausen [Vor der Jugendherberge in Borgholzhausen 8.8.] – Ravens­berg [auf dem Turm der Burg Ravens­berg 8.8.] – Bielefeld (Sparren­burg) – Oerlinghausen – Her­manns­­denkmal [Der „Her­mann“ in Sicht! 10.8.] – Detmold [„Hans Schluff“ (Franz Ebben) in Detmold 11.8.] – Extern­steine [11.8.] – [Auf der Westfäli­schen Landeseisenbahn (Sennelager) 13.8.] Paderborn [Wieder an der Ems]

 

 

 

Auf dem Turm der Burg Ravensberg am 8. August 1931
Karl Leisner obere Reihe zweiter von links

 

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: MFSG / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Rheineck
Errichtung durch die Pfalzgrafen von Salm im 11. Jh. – nach meh­reren Zerstörungen u. Wiederaufbau seit 1832 in Privat­besitz – grundlegende Restaurierung durch den heutigen Besitzer 2000

Sonntag, 14. August 1932, 1. Tag
Sinzig, Nie­derbrei­sig tauchen auf. Dann Burg Rheineck. Willi knipst sie.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Phantom3Pix / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Rheinfels
Errichtung durch Graf Diether V. von Katzenelnbogen (* ?,   † 1276) als Zollburg 1245 – nach Aussterben des Grafenge­schlechtes Übergang in den Besitz der Landgrafschaft Hessen 1479 – Errichtung eines Schloß- und Festungsbaues vom 16. bis 18. Jh. – nach kampfloser Übergabe an die französische Revo­lutionsarmee Sprengung der Anlage 1796/97 – heute Museum

 

 

 

Montag, 15. August 1932, 2. Tag
Der Zug fuhr dicht an uns vorbei. Ein Wein­berg stieg vor uns auf.) nach Burg Rhein­fels, die Willi knipst. (siehe Bild auf Seite 78 – fälschlich für Burg Rheineck gehalten.)

 

 

 

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Frau Hitt / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Rothenfels
Die ältesten Teile der Burg stammen von 1148. So­wohl die Räume der Innenburg als auch die der vorge­lager­ten Außenburg wurden in den vergangenen Jahr­zehn­ten grund­­legend erneuert und moder­nisiert. Die Ge­schichte der Burg Rothenfels als christliches Bil­dungs­haus be­ginnt 1919 mit dem Kauf der Burg durch den Quick­born. Am 17.8.1919 fand auf Burg Rothen­fels der erste deutsche Quick­borntag statt. Beim Quickborntag 1920 war Romano Guar­dini zum ersten Mal dabei, der dann von 1927–1939 Studienleiter der Burg war. Die Kapelle der Burg wurde unter Romano Guardi­nis Führung zum Herz der Liturgischen Bewegung, die wesentliche Ideen des Zweiten Vatikanischen Konzils vorwegnahm. Inspiriert vom Dessauer Bauhaus ge­stal­tete der Architekt Rudolf Schwarz damals die Innenräume der Burg. Träger der Burg ist heute die Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels, die ihrerseits Mitglied im Bayeri­schen Volkshochschul­ver­band ist (URL http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Rothenfels – 14.4.2012).

Ende 1918 zählte der Quickborn etwa 7.000 Mitglieder. Am 17. August 1919 fand auf Burg Rothenfels der erste deutsche Quickborntag statt, man erwarb die Burg, die fortan der weit ausstrahlende Mittelpunkt des Quickborn war.

Unter der geistigen Führung von Romano Guardini, der 1920 auf der Burg Rothenfels zum ersten Mal dem Quickborn begegnete, trug der Quickborn die Liturgische Bewegung in weite Kreise Deutschlands.

Karl Leisner aus Kleve am Samstag, 29. Juli 1933, an Walter Vinnenberg in Münster:
Na, wat sagst De dazu, dat Manes [Hermann Mies] auf einmal ‘nen Rothenfelskoller bekommen hat? Ich sage: „Dat is Künstlermanier und hoffen wir, dat er als perfektes, entdecktes Genie wie­der­kommt.“[1] (Das ist doch nicht boshaft? Oder doch?) – Ich hab’ ihm ge­sagt: „Ja, tjä, is ja ne dumme Sache; wenn’s Dich aber so dahinzieht, kann ich Dir nicht helfen. Dat hättest aber eigentlich schon in Marienthal sagen können, Du – ! Na, dat mußt de mit Walter ausmachen; kaputt geht die Fahrt ja nicht da­durch! Ich hab’ also prin­zipiell nix dage­gen.“
[1] Hermann Mies nahm vermutlich an einem Musikkurs auf Burg Rothenfels teil.

Referat 1935
Nach dem Krieg dann bricht der unterbrochene Lebensstrom mit erneu­ter Kraft auf. Allüberall wieder neues Leben aus den Ruinen. – Quick­born hält gleich 1919 auf Rothen­fels den ersten deutschen Quickborn­tag, der 1914 durch den Ausbruch des Weltkrieges verhindert wurde. Leider machte sich die parteipolitische Zerklüf­tung [in der Weimarer Republik] in der Jugend mehr und mehr auch geltend. Tüchtige Geschäfte­macher und Organisatoren ver­standen es, für ihre politischen Ziele und Ideologien den Idealismus der Jugend auszunützen.

Samstag, 16. Mai 1936
Finanzbericht – Ausgaben
16.5.1936      Bilder für [Fr. Engelbert (Wilhelm)] Haas etc.   
1,44 RM
Wäsche                                                                    2,65 RM
Rothenfelsporto                                                      0,30 RM

Dienstag, 19. Mai 1936
Finanzbericht – Ausgaben
19.5.1936      „Rothenfelsrechnung“
1 Zeltbeutel                                                  0,60 RM
1 Militärkochgeschirr                                             2,50 RM
3 Heringe und 4 Zeltstöcke                                   0,96 RM

Montag, 8. November 1937
nach dem Dante-Kolleg [um 16.15 Uhr] bei [Professor Josef] Höfer über Italienfahrt [Romfahrt 22.5 bis 8.6.1936], Rothen­fels, Schönheit der Menschen etc ….

Sonntag, 14. bis Mittwoch 24. August 1938
Vom 14. bis 24. August besuchte Karl Leis­ner eine Tagung auf Burg Rothen­fels am Main.

Karl Leisner aus Dachau am Samstag, 22. April 1944, an Franziska Sauer in Würzburg:
Das letzte Mal war ich im Sommer 1938 im Spessart und am Main [zur Tagung] auf Burg Rothenfels.

 

 

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Fotograf: Peter Schmenger / CC BY SA 3.0 (abgerufen 20.10.2017)

Burg Scharfeneck
Errichtung durch Johann von Scharfeneck-Metz als Vorwerk für die heute völlig zerstörte Burg Alt-Scharfeneck um 1232

Scharfenecker
katholischer Jugendbund – Namensgebung nach Burg Scharfeneck in der Pfalz – Pfing­sten 1925 hielt die Gruppierung dort einen Bundestag ab.

Gerhard (Gerd) Baumgärtner (* Februar 1916 in Mittelbexbach, † ?) – Sohn der dort hoch angesehenen Familie – Mitglied des Jugendbundes der Scharfen­ecker – 1939 Besuch mit Willi Leisner bei Rudolf Rösch – 2001 als Forstamtmann a. D. in Haß­loch/Pfalz – Tod sei­ner Ehefrau 22.5.2002

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Sir Gawain / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Stahleck
erste urkundliche Erwähnung 1120/21 – seit 1926 Nut­zung als Jugendherberge – u. a. beliebtes Ziel der Bün­dischen Jugend

Patron von Karl Leisners Gruppe war der heilige Werner, der sowohl dem Ort Womrath als auch Bacharach zugeordnet wird. Die Burg Stahleck liegt bei Bacharach.

In der Biographie heißt es:
Einige Tage später, am 19. April 1287, wurde Werner bei Bacharach, auf dem Winzberg, brutal mißhan­delt und ermordet in einem Gebüsch gefunden. Wahrscheinlich war er einem Sittlichkeitsverbrechen zum Opfer gefallen.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: VoWo / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Vogelsang
Die von 1934–1936 erbaute Ordensburg Vogelsang ist kei­ne Burg im herkömmlichen Sinn. Die Anlagen der Ordens­burg mit dem weithin sichtbaren 50 m hohen Turm wurden als eine der wenigen Erziehungsstätten für den national­sozialistischen Nachwuchs genutzt. Aufga­ben der insgesamt drei Ordensburgen im nationalsozia­listischen Deutschland waren die wissenschaftliche Un­ter­mauerung der damaligen Weltanschauung und die Er­ziehung zu einem „echt deutschen Charakter“. Ca. 400–800 Schüler sollen bis 1939 auf Burg Vogelsang ihre Ausbildung erhalten haben. Sie wur­den zu Beginn des 2. Weltkrieges in die Ordensburg Sonthofen verlegt. Danach be­nutzten Luftwaffeneinheiten den Flug­ha­fen, 1940 war Vogelsang Aufmarschgebiet der deutschen Wehrmacht für die Offensive im Westen. Bis 1944 wurde Vogelsang dann als Adolf-Hit­ler-Schule genutzt. Ende 1944 er­folgte dort die Aufstellung deutscher Truppen, 1945 wurde Burg Vogelsang vor­übergehend als Feldlazarett genutzt, danach im Juli 1945 kampflos von den alliierten Truppen einge­nommen und besetzt. Am 1.4.1950 wurde Burg Vogelsang vom bel­gischen Militär über­nommen und wurde bis Ende 2005 als Truppen­übungsgelände genutzt. Heute ist die Burg Vogelsang ein Teil des Nationalparks Eifel. Weite Teile sind für Be­sucher zugäng­lich; in der Burg befinden sich eine Ausstellung zu ihrer Geschichte und ein touristischer Infostand (URL http://www.kreis-euskirchen.de/tourismus/ausflugsziele/ burgen.php – 11.2.2013).

Münster, Samstag, 13. November 1937
Am Samstag sollte ein Studiertag sein – und es wurde ein Tag der Ausspra­che. Abends mit Wilm W. [Wissing] – das war ganz herrlich, sehr ernst. Was ist der reif. Er erzählte zwei Dinge, die mich erschütterten: 1. Daß Clemens Witte in der RJF sei – ? Mit allen Kon­sequenzen![1] 2. Daß der weltanschau­lich wohl erste Mann mit, der Burg­vogt von [der Ordensburg] „Vogel­sang[2] sei katholisch gestorben und beerdigt. Erschütternd, wenn das wahr ist. – Es scheint aber doch an dem zu sein! – Letzte Bereitschaft, auch zum Zeugnis der Kulturlosigkeit, zu der man uns ja verdonnern will – nach Spra­che der Maßnahmen und Tatsachen, ja des Blutopfers – dafür entscheiden wir uns. Herrlich! Nie eine solche christliche Zeit des letzten Ernstes wie heute! Kämpfer braucht der Herr, Beter, Opferer, Heilige, Priester nach Seinem Herzen!
[1] Es ist nicht klar, ob mit RJF die Reichsjugendführung der NSDAP oder die Reichs­stelle zur Förderung der ge­samten Jugend­seelsorge, die im Dezember 1937 eingerichtet wurde, gemeint ist.
[2] Franz-Albert Heinen vom Arbeitskreis Vogelsang am 10.3.2003 an Hans-Karl Seeger:
Ich habe im Jahr 2002 ein Buch zur Geschichte der ehemaligen NS-Ordens­burg Vogelsang veröffentlicht. [Heinen, Franz-Albert: Vogelsang. Von der NS-Ordensburg zum Truppenübungsplatz. Eine Dokumentation, Aachen 2002] In meiner Recher­che ist mir allerdings die Be­zeichnung „Burgvogt“ im Jahr 1937 im Zusam­menhang mit der NS-Or­dens­burg nicht begegnet. Daher vermute ich, daß es sich um ein anderes Vo­gel­sang handeln dürfte. In der Wortkom­bination mit „Burg“ habe ich ledig­lich „Burgwachtmeister“ und „Burgkom­man­dant“ ge­funden.
Die Ordensburg Vogelsang wurde von folgenden Kommandanten befehligt: Kreisleiter Franz Binz von 1934 bis 1936, Reichshauptamtsleiter Richard Man­derbach von 1936 bis 1939, Hans Dietel von 1939 bis 1941.
Reichshauptamtsleiter Richard Manderbach, geboren am 21.5.1889 in Wissen­­­­­­­bach, war Dekorationsmaler und Innenarchitekt in Siegen/Westf. Die Funk­tion des Burgkommandanten behielt er bis zum 10.6.1939, als er seines Amtes ent­hoben wurde. Angeblich war eines der Manderbach-Kinder ohne sein Wissen getauft worden, und angeblich wollte er auf Drängen seiner Braut kirchlich heiraten, was jedoch abgelehnt worden sei. Kommissarischer neuer Burgkommandant wurde Hans Dietel.

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Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Uwe Aranas / CC BY-SA 3.0 (abgerufen 11.01.2018)

Burg Waldeck
erste urkundliche Erwähnung 1243 – Nutzung durch den Wandervogel um 1910 – Stammsitz des vom Wandervogel abgespaltenen Nerother Bundes um 1920 – Besetzung durch HJ, SA u. SS 18.6.1933 – Als Rheinische Jugendburg und Aus­tragungsort der Waldeck-Festi­vals er­langte sie in den 1960er Jahren inter­nationale Bekanntheit.

 

 

Nerother
Gründung nach Abspaltung vom Wandervogel durch die Zwillingsbrüder Robert u. Karl Oelbermann – Namensgebung nach dem Ort Neroth im Kreis Daun 1920/1921 – Keimzelle der Nerother Wandervögel – Selbst­auf­lö­sung des Bundes 22.6.1933

Nerother Liederbuch
Karl Oelbermann und Walter Tetzlaff gaben 1933 das Liederbuch „Heijo, der Fahrwind weht, Lieder der Nerother“ heraus. Verlag: Günther Wolff zu Plauen im Vogtland, Plauen 1933. Es entstand noch vor der Selbst­auflö­sung der Nerother Wandervögel (22.6.1933).

Robert (* 24.4.1896 in Bonn; † 29.3.1941 im KZ Dachau) u. Karl (* 24.4.1896 in Bonn, † 9.10.1974 auf Burg Waldeck) Oelbermann – Zwillingsbrüder – Gründer der Nerother

Sonntag, 27. Mai 1934
Wir singen: „Das Regiment Forcade“[1], zwei Teilnehmer „Fuldaer Bekennt­nis“, „Laßt die Banner wehen“.
[1]  Dieses Lied fehlt in den gängigen Liederbüchern „Der Spielmann“ und „Das Singeschiff“, steht aber in dem 1933 erschienenen „Nerother Liederbuch“, aus dem Karl Leisner noch weitere in den gängigen Liederbüchern nicht verzeichnete Lieder für seine Liederbögen gewählt hat.

Den alten Mühlenstumpf haben die Jungen um Karl Leis­ner mit den Nerothern 1928 zum Ju­gendheim umgebaut.

Kleve, Mittwoch, 13. Januar 1932
Endgültiger Austritt aus der [Quickborn-]Gruppe[1] [, die sich im Januar 1931 zusammengeschlossen hatte.]
[1] Willi Leisner aus Berlin am 5.11.1998 an Hans-Karl Seeger:
Der „Rausschmiß“ aus der Gruppe hing mit dem Vorgehen von Albin Leß­nick und seinen Leuten zusammen. Die gehörten als Nerother zur „Bündi­schen Jugend“ und entsprachen nicht den Zielen des KWV [Katholischen Wandervogels].

Kleve, Sonntag, 17. Januar 1932
Film der Nerother! Griechenland und Orientfahrt

Liederbogen der Jungschar des Bezirks Kleve (Nr. 3)
Text und Noten
Nerother Liederbuch[1] bei Hein Kempkes oder Hein Wennekers zu haben.

[1] Oelbermann, Karl: Heijo, der Fahrwind weht, Lieder der Nerother, Plauen: Gün­ther Wolff 1933

Quelle der nicht ausgewiesenen Fotos: Karl Leisner-Archiv